Bericht zur ElChott Vortour 2011

Nun, mit einigen Tagen Abstand, fasse ich unsere Erlebnisse auf der Vourtour zusammen:
Mit 5 Teams, zwei Fahrzeuge ausgerüstet für den extremen Einsatz in den Dünen, haben wir uns nach Tunesien auf den Weg gemacht.
Auf der Fähre bestätigte sich unser erster Eindruck vom Hafen in Genua: Es waren kaum Touristen an Bord. Neben unserem Team lediglich eine zweite Expeditionsgruppe aus Deutschland mit ca. 20 Personen, keine Franzosen, keine Italiener! Insgesamt ein verlorenes Grüppchen im Speisesaal. Und dieses Erlebnis wiederholte sich Tag für Tag: Das beste Haus am Platz in Gabes: fast leer! Im Touareg in Douz: 3 Zimmer belegt! Die Starwars-Kulissen ohne Besucher! In Ksar Ghilane: 4 (vier) Franzosen; die einzigen Gäste außer uns! Kein Bäcker, keine Karavanen, keine Quadtouren!
Resümee: Ein Tourismusland ohne Einnahmen! Und das völlig grundlos!
Außer einigen mutwillig beschädigten Zäunen und Häusern, vermutlich von besonders Getreuen des Ben-Ali-Regiemes, deutete nichts auf die vergangenen Unruhen hin. Die wichtigen Kreuzungen und Kreisverkehre  werden wie eh und je von der Polizei kontrolliert, ebenso wie die dort durchfahrenden Einheimischen. Und die Tatsache, dass besonders im Süden einige wichtige Verkehrsknoten vom Militär bewacht werden, hängt mit den Ereignissen in Libyen und den von dort kommenden Flüchtlingen zusammen, owohl auch davon noch nicht einmal in Remada etwas zu sehen war. Und damit sind wir auch schon im Sperrgebiet: Genehmigungen und Einreise nach der gleichen Prozedur wie in den letzten Jahren. Lediglich die begleitenden Militärs waren besonders jung. Die erfahreneren Dienstgrade sind an die libysche Grenze abkommandiert. An- und Abreise auf El Borma- und Pipilinepiste fanden, abgesehen von einigen Trucks, ohne jegliche Fahrzeugbegegnungen statt. Und die Unterbringung im Camp Oasis war ebenso exclusiv, denn wir waren auch hier seit langem die ersten Gäste.
Und bevor ich als nächstes über unsere eigentliche Arbeit auf der Vortour berichte, will ich diese Vorbetrachtungen mit einem letzten persönlichen Eindruck beenden:
Wir, und damit meine ich alle Außenstehenden, Politiker, Beobachter, frühere und künftige Tunesien-Touristen gleichermaßen, können zur Unterstützung der entstehenden Demokratie in Tunesien einen wichtigen Beitrag leisten: Wirtschaftliche Hilfe durch zügiges Wiederankurbeln des Tourismus. Auf alle guten Ratschläge, westlichen Vorbilder und sonstigen Absichtserklärungen können die Tunesier gut verzichten.

Nach Fernsehbildern von Aufstand und Chaos sollte es jetzt unbedingt Bilder von buntem arabischem Alltagsleben und selbstbewußten jungen Leuten geben. Ich finde, das ist ebenso eine Nachricht wert.

Unser Guide im Sperrgebiet, Mohamed Gaydi: „Uns geht es in Tunesien derzeit nicht besser oder schlechter als unter Ben Ali, wir werden wie eh und je von der Polizei kontrolliert, aber wir werden dabei mit Respekt behandelt und wir müssen keine Angst mehr haben, etwas zu tun oder zu sagen, was die Obrigkeit gegen uns aufbringen könnte. Ich lebe wie bisher auch, aber mit mehr Stolz, ich trage meinen Kopf etwas höher.“

Diese Vorrede war mir sehr wichtig und ich hatte ja versprochen, meine persönlichen Eindrücke zu vermitteln.

Die Vortour selbst und die damit verbundenen Aufgaben haben uns allen großen Spaß gemacht, auch wenn sie mit einigen Anstrengungen verbunden waren. So ließ uns der April mit Temperaturen im Schatten von über 30°C (52°C im Auto) bereits den kommenden nordafrikanischen Sommer erahnen. Damit sind wir speziell in den Dünenpassagen im wahrsten Sinne des Wortes einen heißen Reifen gefahren.
Da nur ein Fahrzeug, mein altgedienter Pajero L040, mit dem Trackingsystem ausgerüstet war, konnten im Internet die wichtigsten, aber eben nicht alle Routen verfolgt werden. Die Überführungen und einige Pistenprüfungen wurden vom zweiten Team gefahren und geschrieben.
Und dies sind die Aussichten für den Herbst: Die Anreise von der Fähre in den Süden wird auf dem direktesten Weg (Autobahn) noch schneller zu bewältigen sein. Ausgangspunkt für die Rallye ist dann das Hotel in Gabes. 
Die Verteilung der Wertungskilometer auf Schotter-Pisten, schnelle Sandpassagen und Dünenüberquerungen wird in etwa dem Verhältnis des letzten Jahres entsprechen. Wir haben uns bemüht, solche Pisten zu finden, die auch mal richtig schnell (und ich meine wirklich schnell) gefahren werden können. Andererseits werden die Dünenetappen wieder sehr anspruchsvoll sein. Die in 2010 gefahrene El Borma-Prüfung haben wir im letzten Drittel etwas „entschärft“. Es wird dabei nicht weniger Sand geben, aber er sollte etwas einfacher zu bewältigen sein. Trotzdem sind wieder spektakuläre Abfahrten und Aufstiege dabei. Die Rückfahrt nach Ksar Ghilane wird in 2011 hoffentlich ohne Sandsturm über die komplette Wertungsprüfung führen. Die beiden Kurse um Ksar Ghilane, diesmal in der zweiten Rallyehälfte, sind ebenfalls modifiziert. So geht es beispielsweise bis zum Tembaine und von dort auf neuem Kurs durch die Dünenfelder mit Ausgang am Camp Zmela. Und auch das Prinzip der „Ausstiegsmöglichkeiten“ für Teilnehmer, die sich oder ihrem Fahrzeug nicht alle Extrempassagen zumuten wollen, haben wir beibehalten. Schließlich soll jeder die Möglichkeit haben, am Abend das Camp oder Hotel zu erreichen.

Nach zwei Intensiv-Wochen Tunesien sind wir optimistisch, tolle Strecken mit hohem Anspruch gefunden und geschrieben zu haben.

Ich freue mich schon jetzt auf die Reaktionen der Teilnehmer, wenn sie diese Prüfungen bewältigt haben und ich wünsche mir dazu ein möglichst großes Startfeld: für eine tolle Rallye El Chott im 30. Jahr ihres Bestehens und für ein tolles Land und seine Bewohner – Tunesien. 

P.S.

Wir waren nicht im Polareis. Das Salz des Chott el Jerid, durch den Wind vom Sand befreit, glitzerte silber-weiß bis zum Horizont. Traumhaft!

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