vorausgesetzt die Sicherheitslage verschlechtert sich nicht dramatisch.
Diese klare Aussage scheint mir nötig, nachdem die geplante Touareg-Tunisia und nun auch die Grand Erg abgesagt wurden.
Es ist nicht meine Aufgabe, die Newsletter anderer Veranstalter zu kommentieren. Aber einerseits ist das Thema so sensibel, dass diese Informationen natürlich von allen OffRoadern aller Veranstaltungen wahrgenommen werden und andererseits legen die Begründungen der Absagen mit der Sicherheitslage in Tunesien nahe, wir würden ein geringeres Augenmerk auf die Sicherheit unserer Teilnehmer legen.
Jörg Steinhäuser, Rallyeinsider mit 30 Jahren Tunesienerfahrung, hat bereits Ende Februar 2011 mit klarem Erkundungsauftrag Tunesien bereist, individuell, bis Remada, Ksar Ghilane, Douz und Nefta. Seine Eindrücke waren ganz klar positiv. Er konnte keine Gründe für Sicherheitsbedenken erkennen. -> Details hier
Wir haben in den ersten beiden Aprilwochen eine erfolgreiche Vortour entlang der gesamten geplanten Rallye- und Servicestrecke absolviert. Unsere Eindrücke zur Sicherheitslage waren durchweg positiv. Dies betrifft sowohl die ganz selbstverständliche Präsenz der Polizeikräfte im Alltagsleben als auch verschiedene zusätzliche Militärkontrollen. Wir haben alltägliche Geschäftigkeit, lärmende Innenstädte und reges Markttreiben erlebt, keine Kriminalität. -> ich hatte berichtet
Ich ziehe meinen Hut vor der Entscheidung, eine Veranstaltung abzusagen. Dies ist immer mit vielen, zum Teil unangenehmen Konsequenzen verbunden. Aber dazu das Gespenst von überforderten Sicherheitskräften und angeblich 1200 entflohenen Häftlingen an die Wand zu malen, die nun die Straßen unsicher machen würden, halte ich für verantwortungslos, genauso wie 120.000 libysche Bürgerkriegsflüchtinge unter Generalverdacht zu stellen. Im Zweifelsfall können wir keinen Teilnehmer vor einem aufgebrochenem Auto oder einem gestohlenen Navi bewahren, aber das kann auch kein anderer Reiseveranstalter, selbst in Deutschland nicht und ganz unabhängig ob Reisen in Kriesengebiete oder Tourismushochburgen angeboten werden.
Motorsport zu betreiben, dabei Freude zu haben und dies auch unweit der libyschen Grenze und der dort im Herbst hoffentlich nicht mehr andauernden Kampfhandlungen, hat nichts mit Gleichgültigkeit gegenüber den Betroffenen zu tun.
Aber warum das Mitgefühl von der Entfernung zum Kriegsschauplatz abhängig sein soll, erschließt sich mir nicht. Natürlich bin ich entsetzt über die täglichen Meldungen und natürlich berühren mich die Schicksale der betroffenen Menschen, zumal ich selbst nach mehreren Rallyes einige Freunde in Libyen habe. Doch Straßenschlachten in Syrien, Selbstmordattentate in Irak und Afghanistan oder Bürgerkrieg in Schwarzafrika fordern ebenso unschuldige Menschenleben und machen mich genauso betroffen, täglich, bei der Arbeit, im Urlaub, am Wochenende – nicht nur während ich Motorsport betreibe. Und dies gilt sicher auch für die sicherheitsbewußten Veranstalter und die Teilnehmer der Oil Libya Rallye, welche zur Zeit in Tunesien stattfindet.
Ich selbst und die gesamte Organisation der Rallye ElChott werden unsere Verantwortung gegenüber den Teilnehmern und Helfern mindestens so ernst nehmen, wie wir das in den zurückliegenden Jahren auch getan haben.
Aber ich finde, wir haben ebenso eine Verantwortung gegenüber unseren Gastgebern in Tunesien. Seit fast 30 Jahren genießen wir als ElChott-Gemeinde deren Gastfreunschaft. Seit fast 30 Jahren fahren wir Rallye durch atemberaubende tunesische Landschaften, undenkbar, dort wo wir herkommen.
Jetzt ist es an der Zeit, etwas davon zurück zu geben.
Ich möchte, dass wir mit der Durchführung unserer Rallye ein Zeichen setzen, wenn auch leider nur ein sehr kleines: Wir zollen den tunesischen Menschen unseren Respekt für ihre Revolution zu Beginn dieses Jahres und werden den Beweis antreten, dass nicht nur Tourismus in den Hotels am Mittelmeer sondern auch individuelles Bereisen des Landes möglich sind. Wir wollen damit unseren bescheidenen Beitrag leisten, wirtschaftlichen Aufschwung als Grundlage für eine stabile Demokratie zu generieren.
Ich freue mich dabei auf die Unterstützung möglichst vieler Gleichgesinnter.
Jörg Schumann